WORLD SOUNDSCAPE PROJECT
SOUND REFERENCES IN LITERATURE

501.

Ich habe kaum einige Stunden schlafen dürfen, so gross war der Nachtlärm. Wenn die männlichen Nachbarn in ihre Häuser wollen, pochen sie unter dumpfen Gebrüll viertelstundenlang an die Holzpforte. Eine Einrichtung, die kühnen Liebhabern sicher angenehm auffällt. Die Gockel kennen hier keine Stunde und krähen auch Mitternacht, dafür bei Sonnenaufgang mit einer wenig entschlossenen Stimme.

Dumpf braust die Stadt. Aus den Schluchten ihrer Gässchen paukt und trommelt es in viel zerhackten Rhythmen. Scharfe Oboen (ghaitas) überschreien im Marschtempo das lose Herdentrippeln der Massen, die, in Sekten geordnet, nach der Gebetsmauer des Sultan wandern...

Die Regimentsmusik prasselt und rasselt einen Marsch. Die fünfzehn Tamboure überschlagen frech die B1äser...

Hans Ganz, Marokkanisches Tagebuch eines Malers, from Atlantis, Bibliographisches Institut A.G. Leipzig, Atlantis Verlag Zurich, Heft 10, Oktober 1932, p. 621.

PLACE: Marrakesch, Morocco.

TIME: ca. 1930

CIRCUMSTANCE: The night and morning before the big festival Aid el Kebir, a religious festival, during which thousands of sheep are being sacrificed.

 

TRANSLATION:

I couldn't sleep more than a few hours, it was that noisy throughout the night. Whenever the men in the neighbourhood want to enter their homes, they pound on the wooden gate and shout with muffled voices, sometimes as long as 15 minutes - an arrangement which, surely, must appeal to bold lovers. The cocks here don't know their hours and even crow at midnight; and then at sunrise they crow with a less determined voice.

Deep throbs and muffled rumbles are the voices of the city this night. Drum beating resounds from these canyon-like alleys in scattered rhythmic fragments. Piercing oboes (ghaitas) in march tempo outscream the herdlike patter of the masses, who - divided into sects - move toward the Sultan's prayer wall ... A rattling and snaring march is played by the regimental band. The fifteen tambours rudely outdo the wind players.

 

502.

Hinten fällt, auf zwei Hügeln erhöht, die heilige Stadt ab. Fast milchgrün steht der Mittagshimmel über den kahlen, ockernen Bergzügen. Die trockenen Klänge der Pauken werden lauter, F1öten und Schalmeien quietschen. Gewehrsalven krachen. Kriegerische Reiterschwärme stieben auseinander. Wir sind mitten im Markt der Lebensmittelbuden und der tanzenden Sekten.

Da haben sich die Bruderschaftler aus Meknes, die Aïssua, in einem Kreis aufgestellt. Die schweisstriefenden Männer halten sich über den Schultern dicht umschlungen, hüpfen stumm links und rechts an Ort, scharren und stampfen den Boden. Der religiöse Anführer steht in der Mitte und ruft ihnen wilde Ermunterungen, die sie in etwa gleichen Intervallen mit einem gellen Aufschreien beantworten. Wenn auch die Leute wechseln, dieser Tanz hört bis Sonnenuntergang nicht auf, und diese fanatische Energie wirkt auf die Dauer mystisch.

...Die Zuckerbäcker präsentieren ihre bunten Warenhaufen und klapsen unermüdlich gegen die Fliegenschwärme. Gläserne Limonadenhäfen gleissen. Unablässig klingeln die Wasserträger ihren Silberton. Aber sieghaft bewältigt ein Riesencamion den Markt, der eisgekühlte französische Limonade und Bier in Flaschen ausruft.

Ununterbrochen donnert der harte Grund vom Galopp der Reiterscharen. Der Sinn des Schauspiels: Alle Teilnehmer müssen auf einer eher kurz bemessenen Strecke im Augenblick des "ventre à terre" die Büchse vor die Brust drücken und im selben Moment den Schuss abfeuern, so dass aus zehn Läufen ein einziger Krach losbricht.

Hans Ganz, Marokkanisches Tagebuch eines Malers, from Atlantis, Bibliographisches Institut A.G. Leipzig, Atlantis Verlag Zurich, Heft 10, Oktober 1932, p. 622.

PLACE: The holy city Moulay Idris (60 km from Marrakesch), Morocco.

TIME: ca. 1930

CIRCUMSTANCE: From all directions people come to celebrate the festival.

 


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